Wie lange werden die Seitenflügel des Stuttgarter Hauptbahnhofs noch stehen?
20. Mai 2010 von H. Wittmann
In der Entscheidung vom 20.5.2010 zeigt sich, dass das > Landgericht Stuttgart keine Gründe sieht, den Abriss der Seitenflügel des Stuttgarter Hautbahnhofs zu verhindern. Möglicherweise wird man nicht mal einen > Bauzaun aufstellen, sondern die Abriss-Bagger kommen vielleicht eines Tages wie damals an der Willy-Brandt-Straße im Morgengrauen, um die Fakten zu beseitigen:
EIn bisschen schuldbewußt sind die Bauherrn schon, da der Abriss der Seitenflügel verniedlicht wird. So schlimm wird es ja gar nicht: „Bonatzbau bleibt vollständig (Hervorhebung w.) erhalten bis auf die Seitenflügel,“ steht auf der Website Das neue Herz Europas: > http://www.das-neue-herz-europas.de/das_bahnprojekt/neue_bahnhoefe/hauptbahnhof_stuttgart/default.aspx. Stimmt ja gar nicht. Es wird ein Rumpfgebäude werden, das nicht nur seiner Teile, sondern auch seiner Funktion beraubt wird. Wird man den Rumpf umgehen müssen, um in den neuen Bahnhof hinunterzusteigen? Immerhin der Rest-Bonatzbau darf stehenbleiben, um, etwa eine Hälfte des neuen Bahnhofdaches zu verdecken. Und in der Architektursprache werden beide Teile die Wölbung über den acht Gleisen mit den schmalen Bahnsteigen und der Bonatzbau stumm sein, weil sie sich nichts zu sagen haben.
Die Betonschneise durch den Teil der Bahnhofshalle, wo heute die Gleise enden, soll weit in den Schloßgarten hineinreichen. Die alten Platanen müssen dem Beton weichen und werden durch mehr oder weniger schnell wachsende Bäume auf dem von Gleisen freigeräumten Schienenfeld ersetzt. Da darf man fragen: Kann man einen Park – fernab der heutigen City – vom Reißbrett bauen? Parks haben eine lange Geschichte, der neue Park wird eine lange Bauzeit haben und zum Durchradeln in die Stadt genutzt werden. Die Gleise abräumen und dort den Park bauen? So einfach ist das nicht. Denn, was passiert mit dem Überwerfungsbauwerk? Es steht doch auch unter > Denkmalschutz, mit dem man es in dieser Stadt offenbar nicht so genau nimmt. Und mit Bezug auf den Bahnhof einschließlich seiner Seitenflügel darf man fragen: Was schützt der Denkmalschutz, die Substanz eines Bauwerkes, wo hört die auf, wo fängt die an? Oder gilt der Denkmalschutz für ein ganzes Bauwerk? Und wie steht es um das Urheberrecht? Gilt es 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers oder verkümmert es langsam? So im Alter von 35 Jahre oder 54 oder 55 Jahren, bis es dann allmählich aufhört? Und die Nachfahren das Erbe schon geteilt und vernichtet haben? Zitat: „Das Erhaltungsinteresse an dem Gesamtwerk Stuttgarter Hauptbahnhof wird durch den Zeitablauf von mehr als 54 Jahren seit dem Tod des Urhebers geschwächt.“ ( > Landgericht Stuttgart, 22.4.2010)
Und was passiert vor dem Bahnhof? Wie wird der neue Bahnhof an die Stadt angeschlossen? Wie steht es um die > Platzkultur in Stuttgart? Aber die Reisenden, die nicht aussteigen müssen, werden von der Stadt nicht viel sehen. Heute kommt man in der Stadt an. Man muss zwar erst durch den U-Bahn-Schacht, bevor sich die Königsstraße vor einem auftut, aber am > Empfangsszenario könnte ja noch gearbeitet werden.
Um was geht es eigentlich? Wie sehen die Seitenflügel aus? Besonders der auf der Seite des Schloßgartens? Gehen wir mal zum Hauptbahnhof und daran entlang.
Eigentlich sollte man vom Ausgang des Hauptbahnhofs auf gleicher Ebene in die Königsstrasse schreiten können, wenn da nicht die vier Fahrbahnen und die Kette wären, die die beiden Fahrtrichtungen voneinander trennt.
Was wird auf dieser Hinweistafel eines Tages stehen, wenn sie eine Gedenktafel geworden ist? Der Hinweis auf den Schloßgarten wird verschwunden sein. Dann steht da vielleicht: Zur neuen Parklandschaft hinter dem Bahnhof. Oder auf dem Schild kann dann lesen: „Ruine des von Paul Bonatz und Friedrich Scholer erbauten Hauptbahnhofs…. Das Mauerwerk aus verschiedenen Natursteinarten betont – Hier braucht man nur ein „e“ anzuhängen, – den monumental-archaischen Eindruck.“