Skandale, Fotos, die Medien und die Politik
7. Januar 2012 von H. Wittmann
Es ist geradezu erstaunlich, dass viele unserer Medien immer sofort das richtige Bild zur aktuellen Meldung präsentieren können. Gerät der Bundespräsident, die Bundeskanzlerin oder jeder andere Politiker in Schwierigkeiten wird die Meldung in vielen Medien, besonders online und oft auf der Website eines bekannten Hamburger Magazins, sofort durch das entsprechende passende Foto begleitet. Hat die Hauptperson der Meldung politische oder private Schwierigkeiten, so scheint das Begleitfoto genau in dem Moment aufgenommen zu sein, in dem auch der Vorgang, über den die Meldung entstand, sich abgespielt hat (Manchmal wird aber auch ganz seriös das > Datum des Fotos angegeben.): Herunterhängende Mundwinkel, ein etwas mürrisches Gesicht, ein vom Fotografen abgewendeter Blick, > Fast-Umarmungen, > zerknirschte Miene, > ein blasses Gesicht (Hier passt das Bild zeitlich zum Ereignis: gleiche Krawatte?), > schlechte Karten, > hinter dem Rücken über andere sprechen, ein fröhlicher Gesichtsausdruck, kurzum, das Begleitfoto übernimmt oft mehr als die Hälfte der Botschaft, die der Artikel, in dem sie berichtet wird, übermitteln will oder kann. Und genau in diesem Verhältnis liegt die manipulative Versuchung. Ohne das Foto muss der Leser sich mehr Gedanken machen, er muss abwägen, woanders nachlesen, um sich ein Bild zu machen. Ist ein Begleitfoto als Aufhänger für den Artikel vorhanden, wird die Interpretation oft vorgegeben. Manchmal enthält der Artikel dann noch einen versteckten Hinweis darauf, es könnte auch anders sein… Aber der durch das Bild intendierte Versuch, die Meinung zu beeinflussen ist dann schon beim Leser mehr oder weniger erfolgreich verankert. Nichts gegen Fotos. Sie können und sollen auch ein Beitrag guter Bildjournalisten für die Aufbereitung und Übermittlung einer Nachricht sein. Nur darf man nicht vergessen, dass zuweilen Archivbilder die Intention des Autors und eben nicht die Meldung selbst illustrieren.