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Rezension: Cord Beintmann, Reclams Städteführer Stuttgart. Architektur und Kunst

6. Mai 2021 von H. Wittmann

Rechtzeitig zu den anstehenden Lockerungen erscheint Anfang Mai bei Reclam der Führer durch Stuttgart: Cord Beintmann, > Reclams Städteführer Stuttgart. Architektur und Kunst.

Dieser Stadtführer präsentiert eine ganz klassische Form. Eine Einleitung  “Stuttgart – Wirtschaftszentrum und Kulturmetropole” gefolgt von der “Stadtgeschichte in Daten” und dem ” Kulturkalender” und der Beschreibung ausgewählter Stadtteile: “Das Zentrum rund um Königstraße, Schlossplatz und Schlossgarten, “Vom Rathaus in den Westen und Süden”, “Der Westen”, “Der Süden”, “Der Norden: vom Europaviertel über die Weißenhofsiedlung nach Zuffenhausen”, “Zuffenhausen und Rot”, “Vom Osten an den Neckar”, “Von Bad Cannstatt in die weitere Umgebung” einschließlich mit Ausflügen nach Ludwigsburg und Marbach am Neckar. Eine Liste mit Museen und eine Übersichtskarte ergänzen den Band.

Steht man vor dem Reisebücherregal in der Buchhandlung ist das Angebot oft unübersehbar. Aber dieses Buch erweist sich als eine gute Wahl.

Alles kann man nicht mehr in Stuttgart sehen: Steht man vor dem Hauptbahnhof, liest man auf S. 33: “Seit der Zerstörung der Dreiflügelanlage ist das Erscheinungsbild des Bahnhofs erheblich beeinträchtigt.” Das gilt auch für den so in einer Stadt einmaligen Schlossgarten: “2010 und 2012 wurden für den Umbau des Hauptbahnhofs im Mittleren Schlossgarten trotz vehementer Proteste rund 200 Bäume gefällt oder versetzt, womit die Kontinuität der langgestreckten Anlage des Schlossgartens empfindlich gestört wurde.” (S. 35) Von der Oper bis zum Rosensteingarten mit dem Fahrrad radeln, das ist es (oder morgens von Cannstatt bis in die Innenstadt radeln), die Zerstörung des Schlossgartens im Bereich des Hauptbahnhofs hat viel vom Zauber dieser Reise genommen. Dennoch ist es eine wunderbare Tour, hat man den Bahnhof, erst einmal hinter sich gelassen. Viele Einzelheiten im Schlossgarten werden genannt: z. B. die > Ruine des Neuen Lusthauses. In die andere Richtung geht es zur Oper, dem Staatstheater und dem Landtag, ein beeindruckendes Ensemble am Eingang zur Stadt, das hier zu Recht gewürdigt wird. Das gilt auch für die Alte und neue Staatsgalerie, wie die neue John-Cranko-Schule, die ausführlich beschrieben werden. Das Alte Waisenhaus und der Karlsplatz führen wieder in die City zu Markthalle und zur Stiftskirche und zum Alten Schloss mit Fruchtkasten und Prinzenbau. Das Kunstmuseum gehört zu den Prachtbauten am Schlossplatz mit dem Neuen Schloss und dem Gebäude des Kunstvereins.

Weiter geht es zum Hotel Silber, zum Rathaus und dem Marktplatz, weiter zum Dorotheenviertel. Überwindet oder unterquert man die Hauptstätterstraße kommt man zur Leonhardtskirche, die auch darauf wartet, dass einst die Schnellstraße mit ihren bis zu 10 Spuren oder sind es noch mehr?  auf der man nur noch 40 fahren darf, verschwindet und die getrennten Stadtquartiere wieder vereinigt werden. Von hier aus mit diesem Führer in der Hand erst durch das Heusteigviertel, dann wieder Richtung Hegel-Haus bis zur Hospitalkirche, da lernen auch ortsansäßige Schwaben viel über ihre Stadt.

Weiter zum Haus der Wirtschaft zur Liederhalle und zum Boschareal, das die “Architekten Roland Ostertag und Johannes Vornholt 1998–2001 saniert und ergänzt” haben, und zur Universität mit dem Stadtgarten.

Die drei folgenden Kapitel der Westen, der Süden und der Norden präsentieren ebenfalls  gelungene Architekturführungen durch die schwäbische Landeshauptstadt. Mit exzellentem Fachwissen begleitet  Cord Beintmann Sie zu den architektonischen Höhepunkten Stuttgarts und vermittelt nebenbei interessante Baugeschichten besonders auf beiden Seiten der Heilbronner Straße, deren Bauten, unserer Meinung nach, wegen falscher Platzierung auf unserem Blog nicht allzugut wegkamen: Besonders das > Einmauern des Glanzstücks der  Stadtbücherei ist eine städtebauliche Sünde. Darum geht es aber hier nicht, wenn die Bauten für sich betrachtet werden und von Beintmann so wunderbar erläutert werden. Der Architekt der sich ansieht, wie die Gebäude zueinandersprechen – oder sich gar nichts zu sagen haben – wird unsere eben geäußerte Klagen wieder aufnehmen.

Beintheim führt den Leser auch zur > Gedenkstätte Zeichen der Erinnerung, die nicht viele Besucher Stuttgarts aufsuchen und doch ist sie unter dem Einfluss des Architekten Roland Ostertag ein so würdiger und und immens trauriger Ort geworden.

Ganz zu Recht erhält die > Weißenhofsiedlung in diesem Führer mehrere Seiten: S. 126-132.

In Zuffenhausen gehts zum Porsche-Museum. Und u. a. Ludwigsburg und Marbach am Neckar warten noch auf den den Leser dieses Führers.

Die schönste und lehrreichste Aussicht gibt es vom Fernsehturm, S.18, 25, 109 f.: auf unserem Blog > TV-Turm-Wetter.

Den fehlenden Index der genannten Personen verschmerzt man, es geht hier vornehmlich um die Bauten und Stadtquartiere der Stadt, aber das Fehlen der Bücher von Roland Ostertag (1) in der Bibliographie ist bedauerlich. Sein Name wird nur einmal im Zusammenhang mit der Neugestaltung des Bosch-Areals genannt, aber die von vorgenommene Restaurierung des Alten Schauspielhauses fehlt, sein Einsatz für die Lusthausruine, für das Hotel Silber und für die > Gedenkstätte Zeichen der Erinnerung wird hier nicht genannt.

Erinnern wir uns, dass wir gesagt haben, dass es hier nicht um Personen geht, dann ist dieser Band ein sehr gelungener Wegbegleiter durch Stuttgart für Einheimische, Zugereiste, und Durchreisende.

Cord Beintmann
> Reclams Städteführer Stuttgart. Architektur und Kunst
Ditzungen: Reclam, 2021
Originalausgabe
Klappenbroschur
200 S. 21 Farbabb. 6 Karten
Erscheint Anfang Mai 2021
ISBN: 978-3-15-014158-8

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1. Heiko Stachel hat einen virtuellen Rundgang durch das Büro von Roland Ostertag aufgezeichnet, bevor es aufgelöst wurde.

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