Die Kulturmeile soll in den Tunnel
8. September 2007 von H. Wittmann
In Stuttgart gibt es Überlegungen, die
> Konrad-Adenauer-Staße, die auch wegen ihrer Lage als Staße zwischen dem Opernhaus, der Staatsgalerie, dem Museum für Geschichte und der Musikhochschule als > Kulturmeile (Panoramafoto von Josh von Staudach) bezeichnet wird, in einenTunnel unter die Erde zu verbannen, oder neudeutsch zu überdeckeln.
Vielleicht hat man die Straße zwischen Oper und den heutigen Museen auch einfach nur falsch angelegt. Man muß fragen, wieso dort 8 Spuren nebeneinander liegen müssen, von denen 4 Spuren eigentlich nur der Zu- und Abführung des Verkehrs auf die stadtautobahnähnliche Schneise dienen, die heute schon streckenweise überdeckelt ist. Würde man die Untertunnelung rückgängig machen, bräuchte man die Zu- und Abfahrten nicht, würde also den > Stadtraum besser nutzen können: Über die Idee einer Rekonstruktion der Bebauung der > Hauptstätter Straße habe ich auf diesem Blog schon berichtet.
Man braucht die 8 Spuren der Konrad-Adenauer-Straße nicht, denn wenn sie alle gleichzeitg nebeneinander befahren werden, nennt das nicht mehr Verkehr sondern Stau. Je großzügiger Straßen konzipiert werden, umso mehr Verkehr ziehen sie an. Reduziert man den Straßenraum, müssen sich die Verkehrsmöglichkeiten nicht notwendigerweise auch reduzieren. Die aktuelle fatale und richtigerweise überholungsbedürftige Verkehrssituation entsteht durch den großen Raumbedarf für Tunnelauf- und -abfahrten, sowie für die Zubringerspuren.
Statt eine neue Bausünde zu begehen sollte man lieber darüber nachdenken, wie man den Österreichischen Platz von seinem Betonkorsett befreien könnte, das schon deshalb so häßlich ist, weil Fußgänger diesen Platz gar nicht überqueren können.
Die Verbannung der vielen Autos unter die Oberfläche, vielleicht unter eine Rasenfläche, noch viel teurer, als der jüngst vor der Statbibliothek errichtete Rasendeckel, läßt ihnen dort unten freien Lauf, damit sie beim Autauchen aus dem Tunnel gleich wieder in einen vielleicht noch größerem Stau zu stehen kommen. Urbanität hatte schon immer auch etwas mit einer Fortbewegung innerhalb der Stadt und damit von einem zum andern Ort zu tun. Mit dem Kulturmeilen-Tunnel füllt man das Sündenregister früherer Jahrzehnte weiter auf, das das Automobil bevorzugt und ihm eine teure Lösung baut und der Urbanität schadet. Wir müssen unsere Autos gar nicht verstecken, es sei denn, es ginge um die beiden Parkhäuser, in der Nähedes Leonhardsplatz, deren Inhalt sehr wohl unter die Erde gehört, weil das eine Gebäude mit seinem Glastreppenturm zu den häßlichsten auf dem besten Grund der Stadt zählt, und das anderen auch kene Zierde ist.
Man könnte auch in einer Stadt wie Stuttgart aus dem Vorbeifahren an der Kulturmeile ein echtes Erlebnis bester Werbeart machen, anstatt hier die Straße unter die Erde zu legen. Wären wir in einer Stadt wie Ulm, würden die Pläne für die Bebauung der Kulturmeile bereits Gestalt annehmen. Möge doch der Gemeinderat sich vom dem so prächtig gelungenen Ulmer Beispiel der > Neuen Straße – Google Maps bietet noch alte Satellitenfotos an: > Ulm – Die neue Mitte – inspirieren lassen und die beiden getrennten Stadtteile durch Gebäude zu verbinden, anstatt durch einen Tunnelbau zu trennen. Sicher, Handlungsbedarf ist gegeben, die vielen Spuren zischen den Museen und dem Operhaus sind keine Lösung auf Dauer. Ein > Fußgängerüberweg wäre ein erster Anfang. Im übrigen würden private Investoren bestimmt auch in Stuttgart gerne dem Ulmer Modell nacheifern. Das würde das Stadtsäckel schonen.
Aber es stimmt möglicherweise, man muß sich jetzt beeilen, weil jedes Warten, stand am Freitag, 7. September 2007 in der Stuttgarter Zeitung, so denke man wohl im Rathaus, den Tunnelbau, für den z. Zt. 40 Mio. EUR veranschlagt werden, verteuern würde. So ein Argument sticht natürlich. Der neue Abgeordnetetentunnel würde dann auch vielleicht noch viel teurer werden und irgendwann würden sogar Befürworter anfangen zu fragen, ob der Tunnelbau wirklich notwendig ist. Kein Franzose käme auf die Idee, die Champs-Elysées unter die Erde zu legen, um sie besser überqueren zu können. Die Tunnellösung entfernt einen Teil der Urbanität, zu der gerade in einer Autostadt wie Stuttgart auch die Mobilität also auch die Autos gehören.
Was geschieht mit dem freigewordenen Raum über dem Tunnel? Uwe Bogen berichtete gestern über einen neuen Vorschlag: > Rolf Deyhle präsentiert eine neue Idee für die Kulturmeile, Stuttgarter Zeitung , 8. September 2007. (Es sit so schade, daß viel andere Artikel zu diesem Thema in der Stuttgarter Zeitung, die man online lesen möchte, etwas kosten, da kann die Zeitung an der Diskussion gar nicht so richtig teilnehmen…) Aber auch Rolf Eyhle denkt an eine Lösung, die den Verkehr von einer Rekonstruktion oder Neugestaltung der Kulturmeile trennt. Also doch lieber das Ulmer Beispiel nochmal genauer ansehen. Uwe Bogen schreibt übrigens auch: “Wenn der Tunnel unter der Konrad-Adenauer-Straße nicht bis 2012 gebaut wird, darin sind die Verantwortlichen von Stadt und Land einig, werde in den nächsten 20 Jahren nichts mehr daraus.” Ist diese Aussage ein vernünftiger Grund für den Tunnelbau?