Die > Ruine des Lustschlosses ist vom Verfall bedroht. Die schnelle Einsatztruppe der Stuttgarter Oper ist schon da:
Auf dem Vogelschaubild von Matthäus Merian (1638) steht das Lusthaus noch an seinem Platz. Georg von Beer hatte es von 1580-1593 am Schloßplatz errichtet.
Zu Recht galt es als ein Schmuckstück der deutschen Renaissance. 1902 wurde es durch einen Brand zerstört. Zwei Jahre später wurden die Reste am heutigen Standort im Mittleren Schloßgarten wiederaufgebaut. Aber der letztes Jahr gegründete Verein zur Rettung der Ruine, die durch Pflegeentzug schon ihrem Ende entgegensah, kann Erfolge melden. Die Erhaltung der Ruine scheint gesichert zu sein. Dennoch, die Schauspieler und die vielen Helfer des Stuttgarter Staatsoper, ich möchte sie gleich mal die schnelle Einsatzruppe der Stuttgarter Staatsoper nennen, rollten mit ihrem LKW heute in den Schloßgarten und spielte zweimal vor der Lusthausruine:
In Tschaikowskis Oper „Pique Dame“ will der Spieler Herrmann der Gräfin das Geheimnis der drei Karten entreißen. Als er sie mit dem Revolver bedroht, stirbt sie vor Schreck, erscheint ihm dann aber als Geist und offenbart ihm die todsichere Gewinnformel. Doch statt des siegreichen Ass zieht Herrmann Pique Dame, verliert alles und erschießt sich – anders als der sogenannte Kasinokapitalist von heute, der nicht mit seinem Eigenkapital haftet.
Musikalische Leitung Stefan Schreiber
Musik Fredrik Zeller nach Pjotr I. Tschaikowski
Ausstattung Marc Weeger
Konzept Sergio Morabito
Besetzung
Pique Dame (Gräfin) Leandra Overmann
Hermann Ernst Konarek
Keyboards Stefan Schreiber
Akkordeon Ina Henning
Schlagzeug Thomas Höfs
Eintritt frei – Dauer 30 Minuten
Könnten wir das nicht künftig viel öfters in Stuttgart veranstalten? Da wird ein Gebäude vom Abriss bedroht? Da soll die Kulturmeile unterbuddelt werden oder sonstige garstige, unsinnige Löcher gar noch im Schlossgarten gegraben werden, und schon eilen die Schauspieler in ihren Kostümen herbei, der Lastwagen der em>der schnellen Einsatztruppe der Stuttgarter Staatsoper fährt gleich hinterher, klappt die Ladeklappe runter, und es kann losgehen. Das war heute so toll, dass selbst der Regen, der kurz noch einen letzte Versuch startete, sich wieder angesichts der Kunst verziehen musste.
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Rolan Ostertag hielt am Montag, den 22. Juni, Im Hospitalhof in Stuttgart einen Vortrag mit dem Titel: Was zeichnet eine lebenswerte Stadt aus.
Pfarrer Müller begrüßte Roland Ostertag. In dem folgenden Vortrag wurden mit den Bemerkungen zur 1. und 2. Stadtzerstörung, womit die Auswirkungen des Wiederaufbaus in der City gemeint sind, einige kritische Fragen zur Stadtentwicklung seit 1945 gestellt. Angesichts neuerer Entwicklungen und der aktuellen Stadtplanung, darf, so Ostertag, danach gefragt werden, wie heute auf Stadtgängen die Seele der Stadt entdeckt werden kann.
Der Vortrag von Roland Ostertag (ca. 1 Stunde):
[audio:ostertag-hospitalhof.mp3]
Einige der Fotos, die bei diesem Vortrag gezeigt wurden:
Gestern haben die Student in Stuttgart gegen die Pläne der Uni, die Geisteswissenschaften zu kürzen ( > Stuttgart – das neue Herz Europas und die Geisteswissenschaften) protestiert. (Fotos folgen hier noch.) Nicht nur die Kürzungspläne waren im Visier der Studenten, sie prangerten auch viele weitere Missstände an und kritisierten die Studiengebühren, den Bolognaprozess und die Exzellenzinitativen. Und ein Plakat fiel besonders auf, dass den Exzellenzgedanken auf den Punkt bringt. Was für ein Aufwand, um die Anträge einzureichen, man hat fast den Eindruck, dass Exzellenzuniversitäten für die erfolgreiche Bewältigung der administrativen Hürden belohnt werden, damit sie sich als exzellent bezeichnen dürfen. Die Stuttgarter Studenten sehen dies viel pragmatischer:
Es um die Befürchtung, die Panoramafreiheit werde eingeschränkt:
Und es geht um das Urheberrechtsgesetz:
§ 59 Werke an öffentlichen Plätzen
(1) Zulässig ist, Werke, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden, mit Mitteln der Malerei oder Graphik, durch Lichtbild oder durch Film zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich wiederzugeben. Bei Bauwerken erstrecken sich diese Befugnisse nur auf die äußere Ansicht.
(2) Die Vervielfältigungen dürfen nicht an einem Bauwerk vorgenommen werden.
Solange die Bauphase 2 („Zwischen den Seitenflügeln des Bonatzbaus und im Schlossgarten entsteht abschnittsweise der neue Hauptbahnhof Stuttgart.“) noch nicht begonnen hat, schnell noch zwei letzte – fast schon wehmütige – Blicke in den Schlossgarten. Sind Sie schon mal von Bad Cannstatt bis zum Schlossplatz mit dem Fahrrad gefahren? In welcher Großstadt kann man so weit durch die Stadt durchfahren? Gerade wurde die Brücke über die > Schillerstraße renoviert.
Die > Schillerstraße hat es vorgemacht. Offenkundig kann man parallel dazu den Stadtpark mit dem Bahnhofsdach zubetonieren – gegen das Grundgesetz der Stadt (Roland Ostertag), die sich um Neckar hinorientiert. Wenn für den Schlossgarten eine andere Lösung gefunden würde, könnten alle Beteiligten etwas aufatmen. Der „neue Hauptbahnhof Stuttgart“ mit seinen Lichtaugen ist eine architektonische Notlösung. Er kann nicht tiefer liegen, deshalb erhält er eine Verlegenheitslösung als Dach, die heute aus stadtplanerischen und ästhetischen Gründen überholt ist. Sein größter Mangel ist es, dass seine eigentliche Funktion, die Menschen zu empfangen und auf die Reise zu schicken im Untergrund stattfindet; die oben sichtbaren Teile sind Beiwerk, und dem Architekten ist es nicht gelungen, aus diesem Deckel ein Bauwerk zu machen, das einen Bezug zu den umliegenden Gebäuden entwickelt, so wie der > aktelle Stuttgarter Hauptbahnhof ihn offenkundig hat – wenn auch seine > Anbindung an die Stadt stark verbesserungsdürftig ist.
Die Augen des neuen Bahnhofsdach sammeln Licht ein, und die Menschen über dem Bahnhof befinden sich in einem merkwürdigen Niemandsland, dessen Oberfläche möglicherweise schon bald nach einiger Zeit wie jetzt schon die Steinplatten rund um das neue Kunstmuseum am Schlossplatz unansehnlich sein wird. Ein Bezug zwischen dieser Betonwüste und dem Schlossgarten wird nur durch die unmittelbare Nachbarschaft beider hergestellt, aber durch keine gemeinsame Funktion.
Alle Fotos auf diesem Blog, soweit nicht ausdrücklich anders vermerkt:
(c) Heiner Wittmann, 2009.
Korrigiert! Jetzt stimmt die Formatierung dieses Beitrags.
Die > Hauptstätter Straße ist ein durchgehender Schandfleck für die Landeshauptstadt und muss dringend repariert werden. Professor Roland Ostertag hat schon letztes Jahr ein neues > Mobilitätskonzept für die Hauptstätter Straße vorgelegt. Betrachtet man den Zweck der Fahrten auf der Hauptstätter Staße und auch die Frage der > Untertunnelung der Kulturmeile muss man zu dem Schluss kommen, dass die Stadt statt dieses Tunnels im Bereich der ganzen Stadtautobahn vom Marienplatz bis zum Neckartor ein neues, solides Verkehrskonzept benötigt.
Die Tage der Paulinenbrücke sind mittlerweile möglicherweise gezählt. Mit ihr würde ein der größten Bausünden der Stadt verschwinden. Je zwei Blicke unter…
und zwei auf die Brücke:
Wenn dieses Stadtquartier wirklich repariert und den Bürgern zurückgegeben wird, darf man auch für den > Österreichischen Platz hoffen, dass dieser seinen Betonkragen verliert. Nach der Reparatur dieses Stadtquartiers müsste man sich an die Reparatur der Hauptstätter Straße machen. Aber nicht um den Verkehr einzugraben, sondern um den Verkehr selbst geschickt zu nutzen, um die beiden durch die Stadtautobahn getrennten Stadtteile wieder zu vereinen.
Das ist der gescheiterte Versuch der Errichtung einer autogerechten Stadt. Au der Stadtautobahn konnte man früher begünstigt durch die vielen Beschleunigungsspuren sausen, heute sollte man dort 50 fahren, und tut man das, versucht der Verkehr dauernd an einem vorbeizubrausen. > Roland Ostertag denkt an den früheren Stadtgrundriß, der bei der Reparatur der Stadtautobahn wieder Pate stehen sollte.
Man könnte sich auch ein Gesamtkonzept vorstellen, das eine vierspurige Straße ohne Tunnel vom Marienplatz mindestens bis zum Neckartor vorsieht, mit mehreren Kreisverkehr-Kreuzungen und einem Mittelstreifen, auf dem eine Straßenbahn denjenigen, die immer noch vom Marienplatz bis zum Neckartor durchbrausen wollen, ein schlechtes Gewissen macht. Alle Entwürfe für die Überbauung des Kulturmeilentunnels kranken daran, dass sie mit dem Grünstreifen eigentlich nicht recht glücklich sind, und die beste Architektenphantasie damit nichts wirklich Gutes anfangen kann. Auf einen Grünstreifen in der Mitte von 4 Fahrspuren würde Straßburg eine Straßenbahn fahren lassen. Warum machen wir das nicht auch so?
Betrachtet man die Kulturmeile ganz für sich alleine, dann wird man schon in Versuchung geführt, das Eingraben des Verkehrs nicht ganz so schlecht zu finden, wenn es sogar im Tunnel Abbiegemöglichkeiten geben würde. Aber die Lösung dieses Straßenabschnitts zwingt dazu nach links und rechts zu schauen. Will man die Hin -und Herfahrer, die U-Turn-Sucher, die bestimmt 30 % des Verkehrs ausmachen wirklich verbannen, braucht man eine Gesamtlösung, die den Autofahrern anbietet, immer gleich das richtige Stadtziel anzusteuern, statt langwierige Rund- und Umweg-, Auf- und Abfahrten zu nehmen.
Am 20. März 2009 fand im Stuttgarter Literaturhaus zusammen mit dem Architekturforum eine Veranstaltung statt, zu der Roland Ostertag Professor Gottfried Kiesow, den ehemaligen Präsidenten des Landesamtes für Denkmalpflege des Landes Hessens, Ehrenbürger vieler Städte und Vorstandsvorsitzender > Der Deutschen Stiftung Denkmalschutz eingeladen hatte.
Wenn den Seitenflügel des Hauptbahnhofs etwas angetan wird, will Professor Kiesow kommen und sich dort anketten. Hören Sie seinen Vortrag und die ansschließende Diskussion.
Roland Ostertag begrüßte den Gast des Abends. Dabei erinnerte an die vielen Problemfälle der Stadt, an den „Abrissfuror“ in der Stadt, das alte Haus des Kunstvereins, das Kaufhaus Schocken, die Akademie hinter dem Schloss, die Ruine des Rathauses, Teile des Hospitalviertels, der Rosensteinpark, die Bedrohung des Hauptbahnhofs, die mühsame und noch nicht gesicherte Rettung der Ruine des Lusthauses im Mittleren Schlossgarten, an den Abriss der Häuser an der Willi-Brand-Strasse. Besonders Eingriffe musste der Stadtgrundriss erleiden, den Ostertag als das „Lesebuch“ einer Stadt bezeichnet.
ca. 6 Minuten
In seinem Vortrag erläuterte Professor Gottfried Kiesow historische und kulturelle Grundlagen des Denkmalschutzes in Deutschland.
Besonders für die Stuttgarter, die mit ihrer Stadt nicht besonders behutsam umgehen, hat dieser Vortrag eine große Bedeutung. Immer wieder müssen neue Initiativen gegründet werden, weil die Abrissbagger schon unterwegs sind, manchmal gleich zu dritt im Morgengrauen anrücken, um eben mal Platz zu schaffen.
Eines Morgens werden die Stuttgarter plötzlich Baulärm hören:
Ein einzigartiges Ensemble mit dem Gleisvorfeld würde zerstört werden, wenn der Bahnhof um 90 Grad gedreht und unter dem Fußboden des heutigen Bahnhofs und teilweise unter dem Schlossgarten eingegraben würde.
In dieser Situation kommt Gottfried Kiesow und erinnert die Zuhörer im Literaturhaus und damit auch die Stuttgarter an die kulturellen und juristischen Regeln, aber auch an die Chancen, Aufgaben und Pflichten des Denkmalschutzes. Was kann man tun, wurde er im Verlauf der Diskussion (hier in etwas gekürzter Form zum Nochmal-Anhören) gefragt, in der den Stuttgartern einige wichtige Ratschläge gab.
Der Vortrag von Professor Gottfried Kiesow:
Auszüge aus der anschließenden Diskussion. Zuerst kommt die Frage eines Besuchers:
Aus der Programmankündigung:
„Während in der Bevölkerung der Denkmalschutzgedanke stark verankert ist, hat er in der Politik vor allem der Länder und mancher Kommunen einen geringen Stellenwert. Rund 170.000 Förderer der „Deutschen Stiftung Denkmalschutz“ haben bisher mehrere Millionen Euro gestiftet. 2008 sogar mehr als 2007, rund 14 Millionen Euro. Am Tag des offenen Denkmals 2008 haben rund 4 Millionen Bundesbürger Kulturdenkmäler, besonders solche, die sonst nicht zugänglich sind, besichtigt. Das Institut Allensbach hat bei seinen Befragungen festgestellt, dass über 60 % den Denkmalschutz für sehr wichtig halten. Während die Länder ihre Etats für den Denkmalschutz drastisch gekürzt haben, hat der Bund seine Aufwendungen verstärkt, obwohl die Länder ihn unter Hinweis auf ihre Kulturhoheit ständig daran hindern wollen. Zum Bundesprogramm der Bundesregierung gehören 150 Millionen Euro für Stätten der Weltkultur auf der UNESCO-Liste und dreimal 40 Millionen im Etat des Staatsministers für Kultur und Medien im Kanzleramt für Baudenkmäler, ferner die Ausdehnung des Förderprogramms Städtebaulicher Denkmalschutz auf die westlichen Bundesländer.“
S 21 bedroht die ehemalige Bundesbahndirektion, von der bis auf die Vorderfront, alle Gebäudeteile weichen müssen:
Das ehemalige Hotel Silber, Sitz der Gestapo, ist durch das DaVinci-Projekt bedroht:
Die Stuttgarter haben noch nicht vergessen, wie die Häuser an der Willy-Brandt-Strasse gleich mit mehreren Baggern in 6 Stunden zerstört wurden.
Ein Lichtblick ist die Ruine des Lusthauses, der jetzt endlich – aber erst nach lautstarkem Protest – amtliche Aufmerksamkeit zukommt:
Betrachtet man sich aber die Seitenflügel des Stuttgarter Hauptbahnhofs müssen sich die Stuttgarter fragen lassen, ob sie die Amputation dieses Bahnhofs wirklich zulassen wollen?